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Standpunkt Politik

Zur Einführung der Kindergrundsicherung

von Dr. Harald Groth, Präsidiumsvorsitzender

Mehr als drei Millionen Kinder leben in Deutschland in Armut. In Niedersachsen ist jedes fünfte Kind armutsgefährdet. Junge Menschen, die in Armut aufwachsen, leiden täglich unter Mangel, Verzicht und Scham. Die Folgen sind gravierend: Die Kinder haben keinen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und zu Freizeitaktivitäten. Sie weisen nicht selten gesundheitliche Defizite auf und leben oft in sehr beengten Wohnverhältnissen. Diese her-ausfordernde Situation wirkt sich auch auf die Zukunftsperspektiven der Kinder und Jugendlichen aus.

Die Einführung einer Kindergrundsicherung, wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert, ist dringend notwendig. Denn aktuell gibt es für die Betroffenen einen Dschungel unterschiedlicher Leistungen: Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibeträge oder das sogenannte Teilhabepaket. Viele Familien wissen nicht, welche Unterstützung ihnen zusteht, oder schrecken vor den bürokratischen Hürden zurück. Die Kindergrundsicherung muss alle Kinder wirklich erreichen, daher ist die automatische Auszahlung entscheidend.

Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheit und steigender Preise braucht es ein entschlossenes Zeichen der Politik, das mit der geplanten Kindergrundsicherung nicht nur eine Bündelung der bisherigen Instrumente vorgesehen ist. Darüber hinaus ist es notwendig, dass neben der Zusammenführung die Neuermittlung des kindlichen Existenzminimums durchgeführt wird. Dabei sind alle kindbezogenen Leistungen aus Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht in den Blick zu nehmen. Ergeben sich daraus neue Bedarfe, so ist es Aufgabe des Finanzministeriums, entsprechende Finanzierungskonzepte vorzulegen.

Eine frühe Investition in die Zukunft der Kinder erspart im weiteren Lebensverlauf kurative Folgekosten, die sich durch ein Aufwachsen in Armut ergeben können. Nicht umsonst fordert die AWO bereits seit mehr als 15 Jahren gemeinsam mit vielen Familienverbänden eine Kindergrundsicherung, die geeignet ist, Kinderarmut wirklich zu bekämpfen und die Ungleichheiten in der Förderung zu beenden. Erste bedenkliche Versuche, die statt einer echten Kindergrundsicherung nur die Verwaltung der bisherigen Zahlleistungen an Kinder und ihre Familien vereinfachen, werden sicher der Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag nicht gerecht. An der geplanten Einführung im Jahr 2025, die nun bekannt gegeben wurde, ist deshalb unbedingt und vollumfänglich festzuhalten. Eine weitere Verzögerung würde für viele Familien eine erhebliche Belastung darstellen. Umso wichtiger ist es, die geplanten Vorhaben weiter kritisch zu begleiten, damit Kinder und Jugendliche tatsächlich ohne materielle Not aufwachsen können.

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