AWO Weser-Ems bietet Argumentationstrainings gegen Stammtischparolen an.
„Die da oben sind doch alle korrupt und machen nix für uns!“, „Frauen gehören an den Herd!“, „Die kommen einfach her und nehmen uns alles weg!“ – und, oftmals im gleichen Atemzug: „Aber das darf man ja alles nicht mehr sagen!“ Doch, darf man schon. Nur muss man dann halt auch mit Gegenargumenten rechnen und Widerspruch aushalten können. Weil: Auch das darf gesagt sein. Die AWO Weser-Ems unterstützt hier mit Argumentationstrainings gegen derartige Stammtischparolen, der erste Workshop wurde nun erfolgreich beendet.
13 Teilnehmer*innen – darunter die Präsidiumsvorsitzende der AWO Weser-Ems, ein Betriebsrat, Student*innen, Einrichtungsleitungen und Personen, die bis dato keinen direkten Bezug zur AWO hatten – wollten „trainieren“ und stellten Fragen: Was sind eigentlich Stammtischparolen? Was ist Alltagsrassismus? Weshalb reagieren Jene, die unsere heutige Gesellschaft als verweichlicht oder zu sensibel bezeichnen, bei einem Kontra selbst allzu sensibel? Und: Wie haben frühere unbedachte gesellschaftliche Diskriminierungen und tendenziöse Falschaussagen in einzelnen Köpfen die Weiterentwicklung und den Weg ins Jetzt nicht schaffen können?
Zu lange wurde geschwiegen, jeder unqualifizierte Kommentar und sprachliche Scheußlichkeiten von Verwandten, Bekannten und Fremden belächelt. Workshop-Leiterin Farina Köpke (Bildungsreferentin im Landesjugendpfarramt Oldenburg) ermutigte, bei vorurteilsbeladenen Stammtischparolen nicht mehr zu schweigen, das Gesagte nicht einfach widerspruchsfrei hinzunehmen. Köpke ist durch die Landeszentrale für politische Bildung für dieses Training zertifiziert – und hatte einige schwer verdauliche Überraschungen im Workshop parat. Unter anderem in Rollenspielen, wo einzelne Teilnehmende die schwierige Aufgabe hatten, feindselige Stammtischparolen offen auszusprechen und zu vertreten.
„Als AWO positionieren wir uns entschieden gegen Stammtischparolen, schließlich tragen sie zur Verbreitung und Verfestigung von Vorurteilen bei. Dadurch entstehen Ausgrenzung und Diskriminierung“, sagt Ulla Groskurt, Vorsitzende des Präsidiums bei der AWO Weser-Ems, „um aber eine offene, pluralistische und inklusive Gesellschaft zu fördern, setzen wir uns als AWO für politische Bildung und Aufklärung ein, zugleich schaffen wir Räume für den Dialog zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.“
Rational mit differenzierten Sachargumenten auf pauschale Emotionalität zu antworten, erfordert oftmals Zeit und Mühen – weitaus anstrengender als ungefiltert Stammtischparolen wiederzugeben. Wer hier jedoch nach der vermutlich ersten Fassungslosigkeit zu kontern weiß, hilft damit zunächst Jenen, die Opfer dieser Parolen sind oder werden. Gleichsam werden die Demokratie und die Gesamtgesellschaft gestärkt, in der man selbst lebt.
„Wir werden weiter hinschauen und mischen uns ein“, sagt Verbandskoordinatorin Karin Koll, die das Argumentationstraining ins Leben gerufen hatte, „wir werden auch andere ermutigen, für eine demokratische Kultur im Miteinander einzutreten und bieten dazu auch künftig Workshops zum Thema an. Weitere Termine spielen wir frühzeitig in unserer offenen App ‚AWO Marie‘ und auf unserer Website aus.“
Tipp: Mit der App „Konterbunt“ (für Android und iOS, ein Angebot der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung in Kooperation mit verschiedenen Trägern) hat man gute Argumente gegen Stammtischparolen zur Hand.