Ambulanter Dienst
Die „Wohnen und Pflegen Weser-Ems GmbH“ im AWO Bezirksverband Weser-Ems nimmt aufgrund nicht kostendeckender Refinanzierungen nun Anpassungen im Portfolio vor und wird ihre Ambulanten Pflegedienste in Oldenburg/Rostrup sowie in Ganderkesee schließen.
Alle nötigen Informationen entnehmen Sie bitte dem folgenden FAQ. Sollten Sie darüber hinaus Fragen oder Bedarfe haben, melden Sie sich bitte gern.
Unser Angebot „Ambulante Pflege“ umfasst die häusliche oder mobile Pflege, in der fachkundiges Personal Kund*innen in deren Zuhause betreut. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Grund- und Behandlungspflege wie auch eine hauswirtschaftliche Begleitung. Ziel ist die Entlastung der Kund*innen wie auch deren Angehöriger. Leistungen können etwa sein: Körperbezogene Pflege wie Hilfe beim An- und Auskleiden, Behandlungspflege wie das Wechseln von Verbänden oder die Gabe von Medikamenten, Betreuung beispielsweise bei Spaziergängen oder auch Einkäufe und das Reinigen der Wohnung. Kurzum: Ambulante Pflegedienste unterstützen bei der Bewältigung des Alltags.
Die Gründe lassen sich auf zwei zentrale Faktoren reduzieren – den Mangel an Fachkräften und die mangelnde Refinanzierung durch die Kostenträger. Beides bedingt einander in besonderem Maße und führt unweigerlich auf ein Konfliktfeld: Auf der einen Seite sind die gesetzten Rahmenbedingungen in der ambulanten Betreuung scharf umrissen, auf der anderen Seite bietet der Arbeitsmarkt derzeit nicht ausreichend Personal, das die genannten Rahmenbedingungen erforderlich machen. Noch immer sind die Auswirkungen der mehrjährigen pandemiebedingten Massivbelastung im Pflegesegment spürbar. Dies zeigt sich auch bundesweit in der Vielzahl von Insolvenzmeldungen der vergangenen drei Jahre. Denn: Vergütungen im ambulanten Bereich sind leistungsbezogen festgesetzt, so dass für jede einzeln erbrachte Leistung im Bereich des SGB V und SGV XI die Rechnungsstellung nach einem abgelaufenen Monat erfolgen muss. Ein Beispiel: Nicht seltene kurzfristige Ausfallzeiten der so Betreuten werden von den Leistungsträgern nicht aufgefangen, sprich: Werden Leistungen im Laufe eines Monats abgesagt, können diese nicht spontan durch eine Leistungserweiterung bei anderen Klient*innen aufgefangen werden. Gleiches gilt auch für etwaige Krankheits- und damit Ausfallzeiten von Mitarbeitenden. Letztere, seit 2019 tendenziell steigend, führen im ambulanten Sektor zu wirtschaftlichen Risiken – so durch akute Umplanungen unter den Herausforderungen des gesetzlichen Rahmens, so durch Mehraufwand, der sich wiederum auf die Zeitfenster bei Klient*innen auswirken muss.
Heißt: Weniger Leistungszeit mit weniger Ertrag bei zugleich massiv steigenden Kosten auf Anbieterseite. In der Vergangenheit wurden mit großem Aufwand und unter Volllast aller Beteiligter personell und organisatorisch improvisiert. Eine dauerhafte Lösung kann dies zum Wohle aller Beteiligten jedoch nicht sein. Ausfallzeiten jedweder Art und Organisationszeiten (Dokumentation, Fahrzeiten etc.) werden nur zu einem Teil durch die Kostenträger refinanziert und pauschal vergütet. Alle derzeit in der Gesetzgebung befindlichen Neuregelungen führen zudem voraussichtlich zu weiteren Kostensteigerungen, die über die Vergütungsverhandlungen aber nicht berücksichtigt werden. Nicht zuletzt: Ab Sommer 2025 müssten ambulante Dienste mit der Telematik-Infrastruktur (TI) verbunden sein. Technik (Investition rund 50.000 Euro) und Schulungen werden ebenfalls größtenteils nicht refinanziert. Hier ist somit unter den vorherrschenden Bedingungen und angesichts der vermerkten Personalproblematik mittelfristig kaum wirtschaftlich zu arbeiten. Die nach vieljährig defizitären Jahresergebnissen negative Fortführungsprognose wird von den jüngsten bundespolitischen Entscheidungen zum Pflegesektor – hier insbesondere die Absage der Pflegereform in der laufenden Legislaturperiode – noch einmal unterstrichen und stützt die nun getroffene Entscheidung.
Tatsächlich hat die Gesellschaft AWO Wohnen und Pflegen Weser-Ems GmbH im Jahr 2014 den ambulanten Pflegedienst bereits defizitär vom AWO Kreisverband Oldenburg/Vechta übernommen. Ohne diese Übernahme hätte der Pflegedienst schon damals geschlossen werden müssen. Überführt in die größeren Strukturen, konnte das Ergebnis zunächst stabilisiert werden, fuhr dann aber nicht zuletzt mit der Corona-Krise erhebliche Verluste ein.
Die AWO Wohnen und Pflegen Weser-Ems GmbH hat die Kostenträger bereits informiert und wird sich kurzfristig mit alternativen Pflegediensten in der Region abstimmen. Bisherigen Klient*innen werden in der Folge Empfehlungen für einen schnellstmöglichen Übergang unterbreitet.
Allen Beschäftigten im Ambulanten Pflegedienst können zur nahtlosen Weiterbeschäftigung Stellenangebote in stationären Einrichtungen der AWO Wohnen und Pflegen Weser-Ems GmbH unterbreitet werden.
Konsolidierungsmaßnahmen wie jene in der Gesellschaft Wohnen und Pflegen Weser-Ems sorgen dafür, dass der AWO Bezirksverband mit seinen Tochtergesellschaften (Trialog, Kinder, Jugend und Familie) als Ganzes stabil bleibt und nicht gefährdet wird. Bislang konnten negative Ergebnisse in der Ambulanten Pflege innerhalb des Verbandes zum Teil kompensiert werden, diese Option ist aus genannten Gründen jedoch nicht mehr gegeben. „Wir sind uns der sozialen Aufgaben und Dringlichkeiten bewusst, haben als Wohlfahrtsverband aber nicht die erforderlichen Möglichkeiten“, so Vorstandsvorsitzender Thomas Elsner. „Mit Blick auf die massive Insolvenzwelle um uns herum sind wir jedoch froh, dass wir als Bezirksverband weiterhin mit einem breiten Portfolio gut und sicher nicht nur Mitarbeitenden, sondern auch Bürgerinnen und Bürgern immer wieder Angebote und Perspektiven unterbreiten können. Dies wollen wir erhalten und stärken daher einige sozial und gesellschaftlich äußerst wichtig Segmente.“